Seit diesem Monat fahren wir unsere Getränke auch mit einem E-Auto aus. Für einmal gehen wir mit dem Strom mit und werden Teil der grünen Revolution. Aber weil wir uns nicht mainstreamen lassen, machen wir es auf unsere Art und fahren: Mit em Strom gäg de Strom.
Greenwashing?
Nein, Strom allein ist nicht die Lösung. Der Lithium-Abbau und die verheerende Cobalt-Gewinnung, die durch die Akku-Produktion mitverursacht werden, sind hochproblematisch. Uns ist bewusst, dass die CO2-Bilanz von E-Autos weit weg ist von Null. Wir wissen, dass für die Entsorgung der Akkus noch keine (nachhaltige) Lösung gefunden und die Recyclingmenge von Batterie-Rohstoffen aktuell zu gering ist. Und dass mit der E-Technologie trotz alldem jede Menge Greenwashing betrieben wird, geht uns gegen den Strich. Wir wollen nicht predigen, nicht wegschauen und uns keinen grünen Stich verpassen, wir wollen als Unternehmen über den Einfluss unseres Wirkens auf das Klima nachdenken. Unser neues E-Auto – übrigens ein Renault Master E-Tech Electric – ist eine Konsequenz daraus.
Gar keine Autos
Fakt ist, dass die CO2-Emissionen von Elektroautos rund 2/3 tiefer sind als die von Benzinautos1. Denn Stromautos können den CO2-Ausstoss, der bei der Herstellung ihres Akkus angefallen ist, immerhin mehr oder weniger auf diesem Level halten. Das ist mit einem Benzinauto mit einem ständigen Verbrauch von Erdöl nicht möglich. Wirksamer als E-Autos wären gar keine Autos – da müssen wir uns nichts vormachen. Solang wir aber tonnenweise Frachtgut transportieren, kommen wir ohne Fahrzeug nicht aus. Und deshalb denken wir über Alternativen nach. Und zugegeben: Wir sind ganz schön stolz auf unser E-Auto No. 1!
Woher kommt der Strom?
Kein E-Auto ohne die Auseinandersetzung mit dem Strom, mit dem es betrieben wird: Ein Stromauto ist nur so grün wie sein Strom. Unser Auto fährt mit ewz.nature-Strom: Strom aus Erneuerbaren Energien. Im Detail gibt die ewz an, dass «unser» Naturstrom zu 84 % aus Wasserkraft und zu 16 % aus weiteren Erneuerbaren Energien, d.h. aus Wind, Sonne und Biomasse, gewonnen wird. In diesen 84 % Wasserkraft steckt auch Strom aus den Zürcher Flusskraftwerken am Letten und in Höngg. Poetisch betrachtet könnte man sagen: Unser Auto fährt durch Zürich mit Strom aus Zürich. Kommt der fun fact hinzu, dass die ewz zu unseren Kund*innen gehört. Was für ein Kreislauf! Doch die Poesie-Brille, so angenehm sie auch wär, zeigt nicht, wie es wirklich ist. Das ganze Stromsystem ist komplex. Wenn Sie mehr dazu wissen wollen: siehe unten.
Noch was: Die Reichweite unseres neuen Renault Master ist mit 130 km für unser Liefergebiet, die Stadt Zürich, völlig auseichend. Die Nutzlast ist sogar knapp 100 kg höher als bei baugleichen Dieselfahrzeugen. Das bedeutet also, dass wir mit unserem Stromer keine Um- oder Mehrwege fahren müssen. Logistisch gesehen gibt es also keine Nachteile zu verzeichnen.
Auch wenn's weht tut
Der wohl härteste Diskussionspunkt ist aber die Fracht selbst. Man könnte schliesslich auch Kerosin, Brennstäbe oder Pestizide mit E-Autos transportieren. Würde das die Ladung legitimieren? Mitnichten. Wir liefern Getränke. Aber ist das nachhaltig? Brauchen wir Getränke in Flaschen oder würden wir uns alle mit Hahnenwasser begnügen? Doch genau darum geht es hier eigentlich: Uns ständig zu hinterfragen. Auch wenn's weh tut. Natürlich reicht es nicht, ein Stromauto zu fahren. Ein fortwährender intensiver Diskurs ums Klima ist und bleibt notwendig. Den führen wir seit Jahren, zunächst zögerlich und dann immer entschlossener. Im Sommer haben wir unsere erste Öko-Retraite durchgeführt, uns dabei als Betrieb kritisch beäugt und Ideen für einen nachhaltigeren Alltag gesammelt. Eine davon haben wir bereits bei letzten IC-Ausflug umgesetzt: Vegetarische Kost für alle. Aber darauf wollen wir uns nicht ausruhen.
Und Sie?
Haben Sie grüne Inputs oder klimaneutrale Geistesblitze, nachhaltige Einfälle und ressourcenschonende Ansinnen? Schreiben Sie uns, gerne nehmen wir jede Inspiration in die Diskussion auf: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Wenn Sies genau wissen wollen: Strom
Ganz so simpel ist es nicht mit der grünen Energie. Doch wenn man es mit der Ökobilanz eines E-Autos genau nimmt, kommt man um das Stromthema nicht herum. Also los:
Zwar steht bei uns 84 % Wasserkraft und 16 % weitere Erneuerbare Energien drauf, es ist aber nicht möglich, diesen Mix konstant einzuhalten. Denn: Strom lässt sich nicht disponieren. Es gibt ein einziges Netz, in das Strom eingespeist wird, egal, ob er aus Wasser, Kern- oder Kohlekraft etc. gewonnen wird. Es lässt sich auch zu keinem Zeitpunkt sagen, woraus der Mix ganz genau besteht. Denn Strom ist auch nicht haltbar: Es kann auf der Verbraucher*innenseite nur so viel Strom aus dem Netz bezogen werden, wie auf der Seite der Produktion gerade einspeisen. Beide Seiten sind nie konstant: An einem wolkigen Tag können Solaranlagen weniger liefern als an einem sonnigen Tag, am Mittag ist zur Essenzeit der Stromverbrauch höher als mitten in der Nacht. Das macht es unmöglich, konkret, konstant und exakt anzugeben, woraus denn nun der Naturstrom genau besteht. Aber! Was die ewz verspricht muss sie auch liefern. Wenn wir in unserem Vertrag also 84 % Wasserkraft vereinbart haben, muss die ewz dem auch nachkommen können, wenn nötig – etwa weil die Nachfrage steigt – mit dem Bau zusätzlicher Wasserkraftwerke. Das heisst: Die Nachfrage formt hier das Angebot. Je mehr Menschen grünen Strom fordern, desto mehr grüner Strom muss auch produziert werden. Noch ist es zwar tatsächlich so, dass unser Auto auch mal mit Anteilen aus Kernkraftenergie fährt, doch unser Vertrag mit der ewz ist zugleich auch ein Versprechen der ewz, in der Stromproduktion immer grüner zu werden.
Bilder: Reto Schlatter
1 Quelle: Video, die Wahrheit über Elektroautos, Doktor Whatson, vom 29.11.2020, https://www.youtube.com/watch?v=w0uUKHxxCu4